Tradition und Innovation in der Modusanwendung in der Instrumentalmusik des 16. Jahrhunderts
DOI:
https://doi.org/10.52412/mf.2014.H2.72Abstract
Die freien instrumentalen Formen haben bis um 1600 tendenziell auf dem alten 8-tönigen Modussystem gefußt. Um 1600 wechselt das altüberlieferte, im Grunde 8-tönige Tonartensystem in den freien Formen unmittelbar zu einem ebenso limitierten und praktisch nur auf wenige Tonarten fokussierten Tonartensystem des 17. Jahrhunderts. Dies findet früher statt als das neue Tonartensystem theoretisch erschlossen wird. Die modale Kadenzhierarchie ist mit Ausnahme der Finalis oft nicht mehr erkennbar und die Finalis verweist auf eine Tonhöhe-Lage und nicht auf einen Modus. Dass die freien Formen im Laufe des 16. Jahrhunderts solche Unterschiede in dem theoretisch.praktischen Diskurs aufdeckten, erklärt sich dadurch, dass der Zusammenhang von modalen Kadenzen, der den Verlauf des ganzen Stückes regelte, für die freien instrumentalen Formen bis um 1600 die einzige stützende modale Grundlage bildete. Die Finalis und die Kadenzdisposition sowie ihre Einschränkung auf ihre wenigen Schemata galten als grundlegende kompositorische Basis. Ein einfaches Kadenzschema war eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Überlieferung dieser Formen. Diese besonderen Funktionen der Kadenzordnung zeigen sich als ein für die Instrumentalmusik spezifisches Indiz, obwohl die Kadenzordnung sich im Allgemeinen von der vokalen Musik ableiten lässt.